Der Mönch

Gott zum Gruße,

mein Name ist Kunibert, ich bin ein Mönch aus dem Zisterzienserkloster in Altenberg an der Dhünn im Bergischen Land. Unser Kloster wurde vor etwas mehr als 100 Jahren durch den Bruder des Erzbischofs Benno von Köln gegründet. Ich bin sehr stolz, dass ich zu Beginn meiner Adolescentia im Alter von 13 Lenzen als Novize in das Kloster Altenberg aufgenommen wurde und im Rahmen meiner Ausbildung Lesen und Schreiben lernen durfte. Hier lebe ich in einer Gemeinschaft mit mehr als 200 Mönchen und Laienbrüdern, habe eine Unterkunft im Dormitorium und kann täglich in Refektorium essen und trinken. Gott sei es gedankt!

Wir Zisterzienser Mönche führen ein Leben in Stille und Demut in abgeschiedener Lage und weit entfernt von den großen Siedlungen. Unser Leben im Kloster ist von dem Grundsatz: „Ora et Labora“ gekennzeichnet. Morgens früh vor dem Hahnenkrähen beginnen wir den neuen Tag mit unserem Stundengebet, tagsüber feiern wir die Heilige Messe und abends nach Sonnenuntergang beten wir wieder. Dazwischen verbringen wir unser Tagwerk.

Unsere Gemeinschaft verfügt über viel Grundbesitz in und um Altenberg sowie über einige Grangien. Diese Höfe liegen zum Teil weit entfernt von unserem Kloster. Auf dem Gelände unseres Klosters in Altenberg und diesen weit entfernteren Anwesen bewirtschaften wir Mönche mit Hilfe von Lohnarbeitern das Land und die Weinberge selber. Wir sind bekannt dafür, dass wir die harte Arbeit nicht scheuen und haben gute Erfolge durch Modernisierung in der Landwirtschaft und in der Wasserwirtschaft erreicht. Wir züchten auch Fische, da wir entsprechend unserem Gelübde kein Fleisch von vierbeinigen Tieren essen dürfen. Einer meiner allerliebsten Grangien ist der Petersackerhof in Rheindiebach bei Bacharach. Dort bauen wir u. a. Wein an. Der Vinarius und ich müssen manchmal dort hinreisen, um nach den Dingen zu schauen. Auf unseren Reisen dorthin kommen wir durch das wunderschöne Rheintal vorbei an vielen Burgen. Besonders gerne machen wir dann Rast auf Godesburg. Die dortige Herrin, Margarethe, Gräfin von der Ahr, ist eine ganz fromme Frau und besonders gute Gastgeberin und zudem noch ein wunderschönes Weibsbild. Habt Ihr Margarethe, die Edeldame der Godesburg auch schon besucht? Falls nicht lest nachher mal hier hinein: Die Burgherrin.

 

Unser Kloster in Altenberg hat aufgrund der Schenkungen des Erzbischofs sowie unserer landwirtschaftlicher Erträge einen guten Ruf in der Umgebung, so dass immer mehr Jungvolk in unsere Gemeinschaft aufgenommen werden will. Es sind inzwischen sogar schon so viele Menschen zu uns gekommen, dass wir viele in von uns neugegründete Tochterklöster weiter schicken mussten.

Dies könnte auch daran liegen, dass wir in unseren Klöstern ein eigenes Infirmarium haben. Hier auf unserer Krankenstation werden Mönche und Laienbrüder getrennt voneinander behandelt und im Fall von Siechtum nach den neusten Regeln der Heilkunst nach Hildegard von Bingen versorgt. Die dazu erforderlichen Heilkräuter wachsen in unserem eigenen Klostergarten.

Unser Prior Philipp trägt, als Zeichen seiner besonderen Würde, einen goldenen Ring mit dem Bild des Lamm Gottes.

Er sorgt u. a. dafür, dass in unserer Klosterbibliothek viele schöne handgeschriebene Bibeln und Stundenbücher vorhanden sind. Die feinen Malereien und auch die schönen Handschriften dürfen die Mönche manchmal durch einen Vergrößerungsstein betrachten, mit dem man dann viel genauer die Darstellung der Heiligen betrachten kann.

Die Bücher in unserer Klosterbibliothek sind so kostbar, dass der Buchblock seitlich zum Schutz vor Schmutz und Staub durch eine Buchschließe verriegelt werden kann.

Der Einband einiger Bücher ist manchmal mit wertvollen, handgeschnitzten Elfenbeindeckeln verziert. Auf diesem Diptychon sind sogar in den einzelnen Feldern Szenen aus dem Leben Christi dargestellt.

In unserem Skriptorium werden auch viele Briefe, Urkunden und Verträge geschrieben, denn unser Orden hat aufgrund seiner internen und externen Geschäftsbeziehungen immer viele Angelegenheiten zu regeln. Von daher gelten wir auch als Pioniere der Schriftlichkeit sowie des Urkundenwesens. Besonders wichtige Dokumente werden sogar mit einem Siegel versehen.

In unserer Klosterkirche befindet sich ein ganz besonderer Schatz: Wir haben einige Reliquien von Heiligen in kostbaren Reliquiaren aus Gold…

… und auch einige Reliquien in einfacheren Reliquiengefäßen mit Wachssiegeln.

Jetzt will unser Prior damit beginnen, unsere Klosterkirche nach der neuesten Baumethode mit Spitzbögen und großen und extrem hohen Fenstern umzugestalten. Die Verstrebungen zwischen den einzelnen Elementen der Fenster sollen so dünn sein, dass dazwischen große bunte Glasfenster eingebaut werden sollen. Es wird sicherlich wunderbar. Kommt ihr dann auch mal vorbei und schaut euch unsere neue Klosterkirche in Altenberg mal an?

Gehabt euch wohl und auf bald in unserer neuen Klosterkirche!

Nunc est bibendum! 😉

 

Glossar:

Adolescentia = Übergang von Kindheit zum Jugendlichen

Lenzen = Jahre

Novize = Neuling, Auszubildender

Dormitorium = Schlafsaal

Refektorium = Speisesaal

Ora et Labora = Arbeiten und Beten

Grangien = landwirtschaftliche Höfe

Vinarius = Weinmeister

Jungvolk = Jugendliche

Infirmarium = Krankenstation

Siechtum = schwere Krankheit, Pflegebedürftigkeit

Prior = oberster Mönch

Diptychon = zweiteilige Tafel, die in der Mitte zusammengeklappt werden kann

Skriptorium = Schreibstube

Reliquien = Hinterlassenschaften von Heiligen, häufig Knochen

Reliquiaren = Aufbewahrungsbehältnisse für Reliquien

Nunc est bibendum! = Nun muss getrunken werden!

 

Text: Katharina Campe